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Ich hab vielleicht nicht studiert - aber ich kann "Mitarbeiterisch"


Vielen Dank an PuraVida_Fotografie auf Pixabay für das Bild

Diversity ist momentan ein sehr dominantes Thema - zurecht! Als Mutter, die nach drei Monaten wieder angefangen hat zu arbeiten, als Ehefrau, (Schwieger-)Tochter und leidenschaftliche Change Managerin sind mir bereits viele "Gender-Fallen" auf dem eigenen Weg bewusst geworden, in die man tappen kann - manchmal bevor, manchmal nachdem ich selber reingetappt (oder gesprungen) bin. ;)


Rassismus, Sexismus, Homophobie... Dank eines Workshops mit Robert Franken, der sich für mehr Diversity in Organisationen einsetzt, habe ich nochmal einen fokussierten Blick auf das Thema bekommen. Besonders an einem Gender-Beispiel ist mir nochmal bewusst geworden, dass es nicht nur darum geht eine Möglichkeit zu schaffen, sondern dass man mehr in Systemen denken muss um wirklich etwas zu ändern. Konkret ging es bei meinem AHA-Moment darum, dass Robert von unterschiedlichen Vorstands-Gremien sprach, die alle gut Willens waren auch Frauen in ihre Runden aufzunehmen. Diese Möglichkeit sogar "auf dem Silbertablett serviert" hätten. Aber es kamen keine Frauen... Die wollten nicht in diesem System sein, das heißt das vermeintliche Silbertablett war ein solches in den Augen der homogenen Vorstands-Riege, jedoch nicht in den Augen der Frauen, die kommen sollten. Die Ausgrenzung beginnt also schon mit dem Silbertablett.


Ein kurzer Blick in mein Leben: ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der es nicht als erstrebenswert galt, aufs Gymnasium zu gehen - zumindest nicht für Mädchen. In einer Kloster-Realschule habe ich meinen Abschluss und danach eine Lehre in einem Maschinenbau-Unternehmen gemacht. Schlussendlich habe ich mein Abitur nachgeholt, aber das war mit sehr viel Anstrengung und Zeitinvest verbunden. Als ich studieren wollte, stand ich bereits mitten im Leben und hatte bereits 12 Jahre gearbeitet - deshalb habe ich mich für einen anderen Weg entschieden. Trotzdem ist es eine Ausgrenzung ein "Nadelstich", wenn ich auf jeder Veranstaltung die ich besuche, bei jeder Vorstellung gefragt werde, was ich studiert habe. Niemand meint das böse, niemand will mich entlarven, das ist mir klar. Diese Frage ist anscheinende ein eingeübter "Icebreaker" für Smalltalk. Aber diese kleine Frage gibt mir das Gefühl, dass ich eigentlich nicht hierher gehöre.

Als ich zum ersten Mal einen Beitrag von Natalya Nepomnyashcha gelesen habe, in dem es darum ging, dass Menschen aus sozial benachteiligten Verhältnissen nur mit sehr viel mehr Anstrengung einen zum selben Ziel kommen, habe ich verstanden, dass auch die unterschiedlichen Ausgangssituationen von Menschen zu Ausgrenzung führen. Für meine Wahrnehmung bin ich in einem Umfeld gelandet, das ich mir hart erarbeiten musste. Und trotzdem wird mir - durch eine Frage, die unreflektiert gestellt wird - immer wieder vermittelt, dass ich eigentlich nicht hierher gehöre.


Nun ist meine Strategie, dass ich bereits bei der Vorstellung über meine Leidenschaft spreche (vielen Dank an den Tip an Tijen Onaran) und das funktioniert sehr gut. Aber nach meinem Diskurs in das Thema Diversity und den Beiträgen von Natalya Nepomnyashcha will ich meinen vermeintlichen Makel gerne herausposaunen!

Ich hab nicht studiert - so what?! Ich sehe darin sogar einen Mehrwert: ich kenne auch die Werdegänge und die tägliche Arbeit als "kleine Mitarbeiterin". Ich weiß, wie schlecht z. B. verschiedene Kommunikationsmaßnahmen ankommen können, ohne dass die Führung dies direkt mitbekommt, sondern sich nur zeitversetzt über wenig Engagement und Einsatz wundert. Ich kenne die finanziellen Sorgen und Nöte, die manche Menschen lähmen und nicht aussprechen lassen, was sie wirklich denken und verändern wollen. Sie können es sich schier nicht leisten, ihren Job zu verlieren. In meiner heutigen Arbeit in Unternehmen ist es mehr als hilfreich, dass ich "Mitarbeiterisch" spreche - und darauf bin ich stolz!

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