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Frag nicht "was sollten wir tun" sondern "was kann oder weiß ich"?

Aktualisiert: 20. Juli 2021

Effectuation als ein möglicher Ansatz für Change Projekte? Wir gehen der Sache auf den Grund!

Vielen Dank an Comfreak auf Pixabay für das Bild!

Starten wir mit einer kurzen Begriffs-Definition. Effectuation ist ein Ansatz, der auf globaler Forschung der heutigen Entrepreneurship-Professorin Saras D. Sarasvathy beruht. Ich habe kürzlich bei einer Veranstaltung davon gehört und der Gedanke, diesen Ansatz für unsere Veränderungsprojekte zu denken, lässt mich nicht mehr los.


Viel zu oft habe ich von überforderten Managern gehört: ich ziehe und ziehe, aber die Leute bekomme ich nicht "mitgenommen" in unserem Change. Es ist also sehr verführerisch, mit dem Ansatz "Effectuation" zu spielen, um die Basis zu aktivieren.


Die vier Prinzipien von Effectuation:

  1. Mittelorientierung statt Zielorientierung

  2. Leistbarer Verlust statt erwarteter Erfolg

  3. Umstände & Zufälle nutzen statt vermeiden

  4. Partnerschaften statt Konkurrenzen

Überlegen wir diese Prinzipien anhand eines konkreten Change Prozesses, den wir in den letzten Monaten alle durchlebt haben und über den wir alle mitreden können. Die Pandemie! Es ist ein klassischer Veränderungsprozess, bei dem niemand so genau weiß, wo uns das Ganze hinführen wird.


Heute sehen wir uns Prinzip 1 "Mittelorientierung statt Zielorientierung" an. Dieses Prinzip meint, mit den vorhandenen Mitteln zu starten, also zu fragen: "Wer bin ich? Was weiß ich? Wen kenne ich?" Und eben nicht nach kausaler Logik erst einmal das Ziel zu definieren. Ich habe viele Kunden erlebt, bei denen die Mitarbeitenden ganz unterschiedlich auf die Herausforderungen von Corona reagiert haben. Für sich am besten klargekommen sind NICHT die Personen, die das New Normal (also das konkrete Ziel) genau geplant haben, sondern diejenigen, die aktiv wurden. In einem Unternehmen haben z.B. einige Mitarbeitende & Führungskräfte unterschiedliche IT Tools wie Trello, MURAL, Mentimeter usw. ausprobiert. Ein anderer Teil der Mitarbeitenden & Führungskräfte wartet immer noch auf eine Schulung für ein Tool, das die IT irgendwann aussuchen wird.

  • Wichtig beim aktiv werden war, dass die grundlegende gemeinsame Vision stimmte "Wir wollen als Unternehmen irgendwie arbeitsfähig durch diese Krise kommen". Ohne diese Vision könnte man Mittelorientierung auch als blinden Aktionismus betiteln und das ist es eben nicht.

  • Wichtig ist auch, dass man versteht, dass das konkrete Zielbild (in diesem Beispiel New Normal) auf dem Weg entsteht. Es kann also noch gar nicht zu Beginn festgelegt werden, dafür ist die Zukunft zu nebulös. Und das wiederum ist bei vielen Veränderungsprojekten die Ausgangssituation. Momentan höre ich zum Beispiel oft "wir führen New Work ein". Diese Vision ist noch sehr schwammig und kann bei den einen eine völlig neue Unternehmenskultur und bei den anderen Kostensparprogramm mit Desk Sharing bedeuten. Das New Work Konzept für ein Unternehmen kann nur auf dem Weg entstehen und die grobe Vision muss klar sein. Als Change Manager ist es z.B. eine unserer Kern-Aufgaben, die konkreten Antreiber und die Visionen der Unternehmensleitung hinter so einem Projekt zu verstehen, um dann die Aktivitäten der aktiven Mitarbeitenden zu kanalisieren. Denn was aus meiner Sicht ein NoGo ist, ist Graswurzelbewegungen zu initiieren oder zuzulassen und dann einfach auszutrampeln, wenn sie nicht in die gewünschte Richtung führen. Das ist eine Art der Pseudo-Partizipation, die nach hinten los geht. Das heißt die Grundfrage bei der Vision ist auch die Frage nach den Leitplanken: wie offen sind wir für das, was auf dem Weg entsteht?

Wieder zurück zu unserem Beispiel. Zufriedener - weil handlungsfähig - habe ich wie gesagt die aktiven Personen wahrgenommen, aber wenn wir nun in Richtung New Normal kommen ist es aus meiner Sicht wichtig, vom Effectuation-Ansatz wieder in die kausale Logik zu wechseln. Nun muss reflektiert werden: welche Tools haben welche Vor- und Nachteile, was hat sich bewährt, was nicht. Und schlussendlich: auf welches Tool legen wir uns fest.


Dieser Wechsel in eine vollkommen andere Logik bzw. Herangehensweise braucht allerdings viel Kommunikation und Fingerspitzengefühl. Vor allem echtes Interesse derjenigen, die die Ergebnisse zusammenführen und eine Unternehmensentscheidung treffen. Übergehe ich als Unternehmensleitung die gemachten Erfahrungen und nutze diese nicht, ist die Aktivität der Mitarbeitenden nicht wertgeschätzt. Das heißt in einem späteren Change Prozess, ist es schwieriger diese Aktivität noch einmal abzurufen!


Fazit: Prinzip 1 der Effectuation lässt sich aus meiner Sicht gut in Change Prozesse integrieren. Allerdings müssen die grobe Vision, die Rahmenbedingungen und der Prozess klar sein, im Sinne von "Jetzt ist das window of opportunity etwas auszuprobieren und aktiv zu sein". Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden ist hier das wichtigste Gut - einmal als Hebel, um aktiv zu werden (Perspektive Mitarbeitende "ich bin handlungsfähig") und zum zweiten als Treiber für den Folgeprozess (Perspektive Führung "ich bin wertschätzend").

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